Verbraucherinsolvenz

Das Insolvenzrecht sieht für natürliche Personen, die keine selbständige berufliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben oder für natürliche Personen, die zwar eine selbständige berufliche Tätigkeit ausgeübt haben, deren Vermögensverhältnisse aber überschaubar sind – es dürfen maximal 19 Gläubiger vorhanden sein –, ein vereinfachtes Verfahren, die sog. Verbraucherinsolvenz (Privatinsolvenz), vor.

 

Auf der Grundlage eines Schuldenbereinigungsplans wird zunächst versucht, eine außergerichtliche Einigung mit allen Gläubigern zum Zwecke der Schuldenbereinigung zu erreichen. Hierbei werden sämtliche, grundsätzlich in Betracht kommende Möglichkeiten, wie die Vereinbarung von Ratenzahlungen, Vergleichen, Stundungen usw. ausgeschöpft. Der Schuldner kann dabei selbst entscheiden, wie er sich eine gütliche Einigung mit seinen Gläubigern vorstellt. Das Gesetz sieht keine Mindestquoten hinsichtlich der Befriedigung der Gläubiger vor. Ein außergerichtlicher Einigungsversuch muß lediglich geeignet sein unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen. Dem Schuldenbereinigungsplan müssen allerdings alle Gläubiger zustimmen. Lehnt auch nur ein einziger Gläubiger das unterbreitete Angebot ab, so gilt der Plan als gescheitert. Der außergerichtliche Einigungsversuch gilt ebenfalls als gescheitert, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, nachdem die Verhandlungen über die außergerichtliche Schuldenbereinigung aufgenommen wurden. Der Schuldner kann nun innerhalb von sechs Monaten einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei dem für ihn örtlich zuständigen Insolvenzgericht stellen.

Ist der außergerichtliche Einigungsversuch gescheitert, so kann der Schuldner innerhalb von sechs Monaten die Einleitung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens beantragen. Das Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ruht bis zur Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan. Während des Ruhens des Verfahrens kann das Gericht Sicherungsmaßnahmen, wie z.B. den Erlaß eines allg. Verfügungsverbots oder die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung treffen.

Das Insolvenzgericht hat den vom Schuldner genannten Gläubigern den Schuldenbereinigungsplan sowie die Vermögensübersicht zuzustellen und aufzufordern, binnen einer Notfrist von einem Monat zu den niedergelegten Verzeichnissen und zu dem Plan Stellung zu nehmen. Nach Ablauf der einmonatigen Frist ist dem Schuldner Gelegenheit zu geben, den Schuldenbereinigungsplan binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies auf Grund der Stellungnahme eines Gläubigers erforderlich oder zur Förderung einer einvernehmlichen Schuldenbereinigung sinnvoll erscheint. Hat dem Schuldenbereinigungsplan mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger zugestimmt und beträgt die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der genannten Gläubiger, so ersetzt das Insolvenzgericht auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners die Einwendungen eines Gläubigers gegen den Schuldenbereinigungsplan durch eine Zustimmung. Dies gilt nicht, wenn

  1. der Gläubiger, der Einwendungen erhoben hat, im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt wird, oder

  2. dieser Gläubiger durch den Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stünde; hierbei ist im Zweifel zu Grunde zu lege, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Schuldners zum Zeitpunkt des Antrages auf Zustimmungsersetzung während der gesamten Dauer des Verfahrens maßgeblich bleiben.

Hat kein Gläubiger Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben oder wird die Zustimmung ersetzt, so gilt der Plan als angenommen; das Insolvenzgericht stellt dies durch Beschluß fest. Der Schuldenbereinigungsplan hat die Wirkung eines Vergleichs und damit Titelfunktion. Die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Erteilung von Restschuldbefreiung gelten als zurückgenommen.

Scheitert auch das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren oder sieht das Insolvenzgericht von der Durchführung eines solchen ab, oder hat lediglich ein Insolvenzgläubiger den Eröffnungsantrag gestellt, wird das bis dahin ruhende Eröffnungsverfahren von Amts wegen wieder aufgenommen und wird – soweit es nicht zu einer Abweisung mangels Masse kommt – als Verfahren fortgeführt.

 

Neben der Regulierung der Verbindlichkeiten ist die Restschuldbefreiung zu Gunsten eines redlichen Insolvenzschuldners ein weiteres eigenständiges Ziel des Insolvenzverfahrens. Restschuldbefreiung kann nur natürlichen Personen gewährt werden, wobei nicht danach unterschieden wird, ob es sich um Kaufleute oder Verbraucher handelt.

Dem Antrag auf Restschuldbefreiung hat der Schuldner eine Abtretungserklärung hinsichtlich seiner pfändbaren Bezüge aus einem Dienstverhältnis für die Dauer von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Treuhänder beizufügen und ggf. eine Mitteilung der vor Eröffnung bereits erfolgten Abtretung oder Verpfändung der Lohnansprüche.

Da nur dem redlichen Schuldner, der sich seinen Gläubigern gegenüber nichts hat zu Schulden kommen lassen, die Möglichkeit der Restschuldbefreiung eingeräumt wird, wird die Restschuldbefreiung versagt, wenn dies ein Insolvenzgläubiger im Schlußtermin beantragt hat, einer der Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 InsO vorliegt und der Insolvenzgläubiger einen solchen glaubhaft macht.

Die Restschuldbefreiung ist gemäß § 290 Abs. 1 InsO zu versagen, wenn

  • der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c StGB des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,

  • der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,

  • der Schuldner in den letzen drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,

  • der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,

  • der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig und unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,

  • der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft.

Liegt keiner der oben genannten Versagungsgründe vor, kündigt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung durch Beschluß an. Das Gericht bestellt zugleich einen Treuhänder, auf den die pfändbaren Bezüge hinsichtlich derer der Schuldner die Abtretung erklärt hat. Die übergegangenen Bezüge zieht der Treuhänder entsprechend der Abtretungserklärung beim Arbeitgeber ein und verteilt sie nach Maßgabe des Schlußverzeichnisses einmal jährlich an die Insolvenzgläubiger.

Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners sind während der Laufzeit der Abtretungserklärung nicht zulässig.

Während der laufenden Wohlverhaltensperiode von sechs Jahren hat der Insolvenzschuldner bestimmte Verpflichtungen einzuhalten. Gemäß § 295 InsO hat der Schuldner insbesondere

  • eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich um eine solche zu bemühen,

  • ererbtet Vermögen zur Hälfte an den Treuhänder herauszugeben,

  • jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle sowie alle von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen,

  • Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten; und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen,

  • keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.

Ein Verstoß gegen die genannten Obliegenheiten während der Wohlverhaltensperiode kann zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.

 

Verletzt der Schuldner keine Obliegenheit und liegt kein Versagungsgrund vor, so wird am Ende der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung erteilt. Sie wirkt gegen alle Insolvenzgläubiger. Dies gilt auch für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben.

Zu beachten ist, daß bestimmte Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen sind:

  1. Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist;

  2. Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder, Zwangsgelder usw.:

  3. Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.

 

 

 

 

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